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Damit den Worten auch Taten folgen

Wiebke Bartelt

Mit der Flaggenhissung feiern wir die Sichtbarkeit von lsbtq Menschen als gleichberechtigte Mitglieder in der Zivil-Gesellschaft ...

Wiebke Bartelt
(B90/Die Grünen, Stadtverordnete Potsdam)


Als selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft möchte ich nicht sagen, denn dann wäre eine Flaggenhissung ja gar nicht notwendig.
Ich habe die Gelegenheit heute auf die Situation von LSBTQ Menschen wenige Kilometer entfernt hinzuweisen, in unserem Nachbarland Polen und aus der Ukraine.
Ich habe mich im November mit Vertreterinnen von Menschenrechtsorganisationen und Queer-Organisationen in Polen getroffen (welche, wie überall auf der Welt, meist beide Anliegen vertreten).

Ich war erschüttert, wie schnell, wie umfassend LSBTQ Menschen als Gruppe ausgesondert und reduziert werden auf ihre sexuelle Identität und ihre sexuellen Präferenzen. Wie diese Stigmatisierung in das Leben der Menschen eindringt, nicht nur ihre persönliche Entfaltung und Lebensglück, sondern ihre Gesundheit, ihre gesellschaftliche Anerkennung und auch ihre materielle Grundlage beeinträchtigt.

Mitten in Europa
LSBTQ`s fliehen aus den Kriegsgebieten in der Ukraine, müssen ihre Partnerschaften verstecken, können ihre Identität nicht offen zeigen, bzw. leiden gezielt wegen ihrer Identität.
Als Trans-Menschen leiden sie ganz spezifisch, bei der Versorgung mit Hormonpräparaten, bei der angemessenen medizinischen Versorgung. Oder bei der Ausreisesperre für männlich Gelesene.
Weiter geht es bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, die für LSBTQ Geflüchtete überall auch in Deutschland, besonders gefährdend ist. Die Berichte von Übergriffen, von Ausbeutung, von Bedrohung und von Verleugnung ihrer Liebesbeziehungen und -Partnerschaften, die ich persönlich höre, nehmen zu.
Die sichere Unterbringung ist schon in Zeiten normaler Auslastung der öffentlichen Unterbringungen nicht gesichert.
Nun, wo das System an und über seine Grenzen kommt, sind auch LSBTQ`s wieder ganz besonders gefährdenden Situationen dauerhaft ausgesetzt.
(Auch hier sind wir in Potsdam auf einem guten Weg. Den müssten wir weiter konsequent ausbauen)

Mitten in Europa
in Polen werden vermehrt staatliche Initiativen gegen Vielfalt, Toleranz und freiheitliche Grundrechte durchgesetzt. Dabei kommen zunehmend die Gruppen der LGBTQ in den Fokus staatlicher Repressionen und Radikalisierung. Die Organisationen für Menschenrechte und Vielfalt werden von staatlicher Seite drangsaliert und behindert.
Mit den altbekannten Mechanismen der Politisierung von individuellen Qualitäten werden gesellschaftliche Ausgrenzung, Abwertung, Diskriminierung von staatlicher Seite wiederbelebt und geübt.
Die in der Ausstellung "Sollen sie uns doch sehen" zu sehenden Bilder zeigen LSBTQ als Ideologie, die „zersetzt“, welche die Gesundheit der Gesellschaft beeinträchtigt, die normative Integrität in der Bildung bedroht, die Moral der Kinder unterwandert.
Das alles kennen wir nur allzu gut, die Befreiung von den fürchterlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Verurteilung dieses Gedankengutes haben wir am vergangenen Sonntag, am 8. Mai zum 77. Mal gefeiert.
Die Anerkennung als Opfergruppe der NAZI Regimes haben schwule und lesbische Aktivist*innen über viele Jahre hart errungen. Das alles zeigt, wie zerbrechlich gesellschaftliche Toleranz ist.
LSBTQ ist und bleibt ein Merkmal der Verletzlichkeit. Dieses Private bleibt politisch. Ob (wir) Betroffene das wollen, oder nicht.

Immer wieder werden (unsere) persönliche (n) Merkmale benutzt um zu stigmatisieren, um die Machbarkeit von staatlicher Ausgrenzung und staatlicher Kontrolle über die Einzelnen zu erproben und zu üben.
Flüchtlinge, LSBTQ, Frauen ist dabei oft die Reihenfolge, die wir auch jetzt wieder sehen.
Die heutige (Gleich-)Stellung von diversen Identitäten prägt unsere Gesellschaft und erfüllt den Anspruch an eine tolerante und bunte Stadt-Gesellschaft mit Leben. In der Potsdamer Stadtgesellschaft findet sich selbstverständlich und an vielen Stellen Raum und Sichtbarkeit für LSBTQ.

Möge dieser Akt heute ein Symbol sein für echter Solidarität und echter Inklusion
Und nicht ein kostengünstiges Zeichen der Offenheit für eine pseudo- bunte Gesellschaft.
Daher möchte ich schließen mit einer Anregung.
Damit den Worten auch Taten folgen:

  • Im Rahmen der Städtepartnerschaft eine gemeinsame Erklärung zur Vielfalt und Toleranz und zur Beachtung der Rechte vom LGBTQ zu initiieren.
  • Für die Legislaturperiode bei Besuchen in der Partnerstadt Vertretungen der LGBTQ zu treffen und Projekte zu den Themen der Gleichstellung von LGBTQ, Toleranz und Vielfalt zu unterstützen.


Die zentralen Forderungen des CSD Potsdam in diesem Jahr sind:
Die Schaffung eines zentralen Heims für geflüchtete LGBTIQ in Potsdam, einen Queer Etat von 50.000 Euro, um LGBTIQ-Vereine und -Initiativen ausreichend finanziell zu untermauern – dazu gehört auch eine dauerhafte Förderung des Queensdays – und eine queere Bildungsoffensive für Potsdamer Bildungseinrichtungen, um die Aufklärung von und für LGBTIQ* verbindlich im Bildungsplan zu verankern.

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