Erster Frauenort für eine lesbische Aktivistin
Mit der nachträglichen virtuellen Einweihung des 49. Frauenortes in Brandenburg wird zum ersten Mal, eine damals offen lebende lesbische Aktivistin der frühen Sozialdemokratie aus der Kaiserzeit und der Weimarer Zeit, gewürdigt. Johanna Elberskirchen ist eine wichtige Protagonistin der Homosexuellenbewegung. Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Tolerantes Brandenburg (KATTE e. V.) begrüßt nun, dass ihre langjährigen Bemühungen und ihre Anträge um eine Anerkennung der Lebensleistung von Johanna Elberskirchen als Frauenort, Eingang in die Entscheidungen der Gremien des Frauenpolitischen Rates gefunden haben. Insbesondere dankt der Verein aber den Mitarbeitenden seines Projektes Queeres Brandenburg - Archiv und Dokumentationsstelle, die seit drei Jahren zum Leben und Wirken von Johanna Elberskirchen recherchiert und geforscht haben.
22.11.2024, 18:30 Uhr
Brandenburg Museum, Konferenzraum
Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam
Eintritt frei
Aktivistin und Autorin zwischen Sozialdemokratie, Frauen- und Homosexuellenbewegung
Polemisch und provokant sind ihre Schriften, oft überraschend modern ihre Überlegungen, die auf Freiheit und soziale Gerechtigkeit zielten: Johanna Elberskirchen (1864-1943) war eine der wenigen offen lesbisch lebenden Frauen der Alten Frauenbewegung. Die streitbare Bonnerin studierte in der Schweiz Medizin sowie Jura und Volkswirtschaft, kämpfte im Rheinland für Frauenstimmrecht und Sozialdemokratie. Ab 1920 lebte sie mit ihrer Lebensgefährtin Hildegard Moniac (1891-1967) in Rüdersdorf bei Berlin, wo sie eine Praxis für homöopathische Heilbehandlungen betrieb.
Elberskirchen schwamm in ihren Texten meist gegen den Strom. Aber wie ihre Biografin Christiane Leidinger herausgearbeitet hat, zeigen sich doch auch Brüche und Widersprüche: So distanzierte sich Elberskirchen nicht von sogenannt „eugenischem/rassenhygienischem“ Gedankengut, sondern griff es auf und trug selbst zur Verbreitung bei.
Johanna Elberskirchen bleibt heute relevant, weil sie als Pionierin des Feminismus und offen lesbische Frau gesellschaftliche Normen herausforderte. Ihr unermüdlicher Einsatz für die Gesamtbefreiung aller Frauen und ihre kritische Auseinandersetzung mit Klassenpolitik bieten wertvolle Lektionen für gegenwärtige soziale Bewegungen. Durch ihr Leben und Werk inspiriert sie junge, queere Menschen, über Widersprüche im eigenen Engagement nachzudenken und sich für Solidarität und soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Ihr Erbe ermutigt uns, für Freiheit und Gleichheit einzutreten.
Referentin: Ingeborg Boxhammer, freiberufliche Historikerin, Autorin
Eine Kooperationsveranstaltung mit dem Frauenpolitischen Rat Land Brandenburg e.V.