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Die Waffen einer Lesbe

[Rüdersdorf] Als Ansammlung von Dörfern rund um das Kloster Zinna entstand Rüdersdorf  im 13. Jahrhundert auf dem Grundbesitz eines Mönchsordens. Die umliegenden Wälder wurden später zu einem beliebten Jagdrevier des brandenburgischen Kurfürsten. 1908 entdeckte der Stummfilm die reizvolle Region und die Kalksteinbrüche, der Ort selbst und seine Seen wurden von bekannten Regisseuren und Darstellern fortan als Freiluftatelier genutzt. Doch Geschichte dieser Kleinstadt besteht nicht nur aus frommen, dekadenten und stummen Meilensteinen. Sondern auch aus einem lesbischen. Unsere Heldin zog 1920 in die Stadt. Johanna Elberskirchen, selbstbewusste und offen mit ihrer Freundin zusammen

lebende Lesbe, war streitbar, laut und kämpferisch. Geboren in Bonn, studierte sie zunächst Medizin und Jura in der Schweiz, da Frauen zur damaligen Zeit der Besuch deutscher Hochschulen verboten war. Anfangs noch unter einem männlichen Pseudonym verfasste sie Bücher und Zeitschriftenartikel. Die heute leider nur noch wenigen bekannte Sozialdemokratin gilt als bedeutendste Homosexuellen-Aktivistin der Historischen Frauenbewegung. Als eine der wenigen Frauenrechtlerinnen trat sie offen für die Frauenliebe ein und engagierte sich u. a. in der Weltliga für Sexualreform und neben Sexualforscher Magnus Hirschfeld im „Wissenschaftlich-humanitären Komitee“, der weltweit ersten Organisation, die gegen antihomosexuelle Strafgesetze eintrat und die Öffentlichkeit über das Wesen der – hauptsächlich schwulen – gleichgeschlechtlichen Liebe aufklärte. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Rüdersdorfer Friedhof, wo ihre Urne 1975 heimlich von zwei Frauen an der Seite ihrer langjährigen Lebensgefährtin Hildegard Moniac beigesetzt wurde. In einem Beschluss der Gemeindevertretung wurde das Gemeinschaftsgrab im Jahr 2002 unter den Schutz der Stadt gestellt. [Martin Bach]

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